Editorial von Christian Heep, Vize-Präsident im Bundesverband eMobilität und Chefredakteur der NEUEN MOBILITÄT/ Ausgabe 06 / Januar 2012
Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer ist der Nachhaltigste im ganzen Land..? Ein Motto, das bundes- und europaweit zu Höchstleistungen anspornen könnte, wollte man es denn wirklich. Was man dabei, neben der Tatsache Gutes zu tun, Klima- und Umweltschutzpotentiale voll auszuschöpfen, Ressourcenschonung und Verminderung von zumeist politischen Abhängigkeiten und weiteren »Vorteilen« alles erreichen kann, ist vielen bereits klar. Und es wird von diesen, die verstanden haben, warum diese Maßnahmen für uns alle so wichtig sind, auch bereits angegangen. Die technologischen Voraussetzungen sind auch schon vorhanden und es bleibt die Frage, warum dann dieser Prozess nicht so richtig anlaufen will. Wir fragen uns, welche Mechanismen und Gegenmotivationen wohl dafür verantwortlich sind, dass wir zukünftige Generationen so maßlos um ihre Ressourcen und ihre Lebensgrundlage betrügen. Beispielhaft sei dafür das Hin und Her der Atompolitik genannt oder auch, in unserem speziellen Fokus, die jahrzehntelange Verzögerungen bei der Einführung der Elektromobilität.
Am Ende dieser Verkettung stehen für viele die Machenschaften von Großkonzernen, Energieversorgern, den Öl-interessen und überhaupt der Interessenvertretung einiger weniger, aber dabei sehr einflussreicher Gesellschaften, die es sehr gut verstehen ihre zumeist macht- und gewinnorientierten Interessen entgegen unserem Nachhaltigkeitskontest zu verteidigen. Die damit verbundene Handlungsunfähigkeit der Politik, also der vielfältige Bezug zu diesem Macht- und Einflusskonglomerat, festigt dieses zutiefst tradierte System dann zusätzlich.
Diese Stammtischweisheit ist aber wohl nur die halbe Wahrheit. Meist sind nur einige wenige Köpfe wirklich notwendig, um solch weitreichende Veränderungsprozesse anzustoßen. Unsere demokratische Ordnung bietet die Vorzüge einer freien Meinungsäußerung und der Grundgedanke ist eine Mitbestimmung durch das Volk. Das hat zumindest bereits heute erkennbar zu einigen Veränderungen im Denken und Handeln, in der Energiepolitik und vielen anderen Lebensbereichen geführt.
Wäre allerdings beispielsweise die Energierevolution von den führenden Köpfen der Energieversorger ausgegangen, wären wir schon viel weiter. Genau darin liegt das Problem. Diejenigen, die in der Lage wären, aufgrund ihrer politischen Stellung, ihrer Macht und ihrem Einfluss in ihren jeweiligen Gefügen, sich an die Spitze solcher Systemwechsel zu stellen, sind gleichzeitig in ihren politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten gefangen und haben zumeist auch einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb. Hier fehlt in einem außergewöhnlich hohen Maße die Erkenntnis einer Synergie aus Vorreiterdenken, Nachhaltigkeit und gleichzeitigem Erhalt von Wertschöpfung und Wohlstand. Aber es ist immer schwer eine funktionierende Systemik wider besseren Wissens zu verlassen. Es ist zumeist einfacher diese Maßnahmen noch ein wenig aufzuschieben.
Argumentativ lassen sich dafür beliebig viele Wahrheiten finden, um den eigenen Standpunkt und den Respekt vor dem Spiegel seiner selbst zu bewahren. So finden wir dann auch genau diesen Personenkreis immer wieder in den Medien mit Meldungen zu ihrem überaus nachhaltigen Engagement. Viele lassen sich davon beeindrucken und glauben den Argumentationsketten dieser tradierten Autokraten.
Es zeigt dem aufmerksamen Beobachter im übrigen sehr deutlich, dass das Wissen um die Notwendigkeit dieser Veränderungen zumeist vollumfänglich vorhanden ist. Ihr Engagement verliert sich allerdings sehr schnell. Lediglich eine öffentliche Erwartungshaltung wird befriedigt und eine Scheinaura nachhaltigen Handelns wird künstlich erzeugt; flankiert von einigen wenigen kleinen Schritten in die richtige Richtung. So fällt eine Anklage dann auch schwer, brüsten sich diese Unternehmen doch mit ihren guten Taten.
Unsere Bundeskanzlerin wäre beispielsweise in der Lage und in der Position ihren elektromobilen Ambitionen außergewöhnlichen Nachdruck zu verleihen. Warum aber macht sie es nicht..? Gern sind wir vom Bundesverband eMobilität bereit und fähig, gemeinsam mit unseren Mitgliedern ein umsetzungsfähiges, realistisches und nachhaltiges Konzept vorzulegen, dass uns in eine Position bringt, die gesteckten Ziele der Bundesregierung auch zu erreichen, Leitmarkt und Leitanbieter zu werden, Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern und ein sichtbares internationales Zeichen zu setzen, dass wir uns im Bereich Elektromobilität an die Spitze der Entwicklung stellen.
Aber das ist ja bereits alles initiiert. Die Nationale Plattform arbeitet daran mit Hochdruck. Die deutschen Automobilhersteller kommen jetzt alle irgendwann ganz stark auf den Markt. Wer sitzt nochmal alles in dem Gremium..? Der Personenkreis, den ich zuvor beschrieben habe..?
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin. Ich schlage hiermit vor, die Stimme vom Bundesverband eMobilität in diesem Kreis zu integrieren und einen ständigen Vertreter aus unseren Reihen zu berufen. Das ist zum Beispiel eine Ihrer Möglichkeiten Ihren Worten Taten folgen zu lassen.
In diesem Sinne freue ich mich auf ein weiteres Jahr elektromobiler Zukunft und wünsche viel Spaß mit unserem Fachmagazin und natürlich im Spiegel Ihres Lebens..
Christian Heep
christian.heep@bem-ev.de